Veranstaltungsbericht “ Das Erbe der 68er“


Im neuen taz- Gebäude fand am 20.11.2018 die Veranstaltung zum Erbe der 68er statt. Mit einem bunt gemischten Publikum aus Jung und Alt startete die Diskussion des reinen Frauenpodiums und entwickelte sich zu einem spannenden Austausch. Durch den Abend führte Antje Kapek die Diskussionsteilnehmerinnen, die zwischen Wissenschaft, Politik und Aktivismus angesiedelt waren oder sind. Mit Gretchen Dutschke war eine ehemalige Aktivistin zu Gast, die selbst auch ein Buch über die 68er-Bewegung geschrieben hat und spannende Einblicke in die Zeit damals geben konnte, aber auch viel zu aktuellen politischen Ereignissen beisteuern konnte. Eine wissenschaftliche Perspektive stellte Ilse Lenz, sie ist Soziologin und Expertin für Frauenbewegungen weltweit und hat unter ihren vielen Veröffentlichungen auch ein Buch zur deutschen Frauenbewegung mit hunderten von kommentierten Originalquellen veröffentlicht. Stefania Vittori ist politische Aktivist*in und Student*in der Politikwissenschaften und hat für das Gunda Werner Institut die Veranstaltung „Decolonize 1968er!“ mit organisiert. Ricarda Lang ist Sprecherin der Grünen Jugend, die sich bei ihrem letzten Bundeskongress mit Utopien sowie linken Gesellschaftsentwürfen beschäftigt hat.

Die 68er haben unsere Gesellschaft freier gemacht und für eine bessere Zukunft gekämpft. Von ihrem positiven Weltveränderungsflair zehren wir heute noch, andere Errungenschaften sind inzwischen wieder bedroht oder werden in Frage gestellt. Als Grüne ist es als unsere Aufgabe, das Erbe der 68er zu verteidigen und ihren Kampf gegen starre Strukturen, überholte Traditionen und Diskriminierung fortsetzen. Gerade jetzt, wo der Ruf von Rechts wieder lauter wird und eine rechtsextreme Partei in allen deutschen Parlamenten sitzt. Oftmals werden Parallelen gezogen zwischen damals und heute, gerade im Jahr des 50. Jubiläums. Es lohnt sich daher, die 68er und ihr Aufbegehren besser zu verstehen, aber vor allem auch darum ihren Kampf in die heutige Zeit zu übertragen.

Dabei macht es Sinn auch auf die Lücken in der Geschichtsschreibung zu schauen. Gerade marginalisierte Positionen, wie die von schwarzen Frauen oder Sinti und Roma im Kampf gegen Aubeutung und politische Unsichtbarkeit. Dabei waren die 68er keine rein Weiße, studentische Bewegung, wie Stefania Vittori klarstellte. Auch migrantische Kämpfe von Gastarbeiter*innen prägten die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Inspiration kam auch den schwarzen Kämpfen in den USA oder internationaler Solidaritätsbekundungen im Zuge des Vietnamkriegs, es herrschte ein reger Austausch zwischen den verschiedensten Bewegungen. Ilse Lenz betonte die internationale Verknüpfung von Frauenkämpfen, die sich stark an der Frage ausrichtete, wie man gemeinsam leben will und insbesondere die Verknüpfungen zwischen Sexismus und Rassismus unter die Lupe nahm. Auch die Entwicklung von Utopien und utopischen Narrativen für heutige politische Kämpfe sei relevant um gesellschaftliche Veränderung hervorzubringen, wie Ricarda Lang erklärte. Die Diskutantinnen waren sich einig, dass eine kritische Positionierung zu neoliberalen und kapitalistischen Gesellschaftsentwürfen wichtig für zukünftige Auseinandersetzungen ist, besonders auch im Hinblick auf erstarkende rechte Kräfte. Zu Ende betonten alle Diskussionsteilnehmerinnen wie wichtig es ist, radikal für eine verbindliche, soziale Gesellschaft einzustehen. In den heutigen neoliberalen Zeiten äußerten viele Stimmen aus dem Publikum eine Angst vor dem Älterwerden und vor dem Wegfall sozialstaatlicher Sicherheiten und Auffangmechanismen. Durch gemeinsame Utopien als gesellschaftlicher Anker könne hier gemeinschaftlicher Zusammenhalt wieder aufgebaut werden.

Herzlichen Dank an die wunderbaren Diskussionsteilnehmerinnen und das interessierte und zahlreiche Publikum!