Besuch in Tempelhof: Notunterkunft darf keine Dauerlösung sein

Am 5. Januar besuchten bei winterlichen Temperaturen die Fraktionsvorsitzende Antje Kapek gemeinsam mit den Abgeordneten Canan Bayram und Marianne Burkert-Eulitz die Notunterkunft in den Hangars des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Im Text schildert Antje Kapek ihre Eindrücke vom Leben in der Notunterkunft:

Während draußen eisige Temperaturen und Schnee herrschen, sind die Hangars des ehemaligen Flughafens Tempelhof erfüllt von geschäftigem Treiben. Viele Menschen drängen in die von Ehrenamtlichen betriebene Kleiderkammer, um sich für den Kälteeinbruch auszustatten. Kinder und Jugendliche sammeln sich um einzelne Handys. Andere folgen den Angeboten der Kinderbetreuung. Es ist warm in den Hangars 1 bis 4 – doch nur solange niemand eine der Außentüren öffnet, dann zieht sofort ein klirrend kalter Wind durch die riesige Halle.

Die Hangars des ehemaligen Fluhafens sind mit Trennwänden unterteilt in separate Kabinen. Jede Kabine umfasst etwa 25 Quadratmeter und ist ausgestattet mit sechs Doppelstockbetten. Das sind Schlafplätze für zwölf Menschen auf engstem Raum.

Es gibt keine Möglichkeit persönliche Sachen aufzubewahren, Sitzmöglichkeiten gibt es nur auf den Betten oder in einem der provisorisch hergerichteten Gemeinschaftsräume. Demnächst soll endlich der erste Aufenthaltsraum nur für Frauen eröffnet werden. Dennoch bleibt gerade für Frauen und Familien die Situation in der provisorischen Massenunterkunft besonders schwierig.

Gut ist, dass es in mehreren Hangars eine Betreuung für die kleinsten BewohnerInnen gibt. Außerdem bieten Ehrenamtliche improvisierten Deutschunterricht an und haben eine Kleiderkammer organisiert. Doch aufgrund der Vielzahl der BewohnerInnen gibt es diese Angebote nicht an allen Tagen.

Das größte Problem ist und bleibt allerdings die hygienische und sanitäre Situation. Für die nötigsten menschlichen Bedürfnisse stehen der Mehrzahl der BewohnerInnen nur mobile Toilettenkabinen zur Verfügung. Diese stehen zwar nicht mehr komplett im Freien auf dem Vorfeld, sondern sind von einem Zelt überdacht, trotzdem ist es bitterkalt, da wegen der hohen Geruchsintensität ständig gelüftet werden muss.

Wollen die BewohnerInnen der Tempelhof-Unterkunft duschen, müssen sie mit dem Bus zur anderen Seite des riesigen Gebäudes fahren. Das bedeutet für viele, dass sie sich dann doch notdürftig mit kalten Wasser aus abgefüllten Flaschen über nicht funktionierenden Waschbecken waschen müssen.

Zwar gibt es inzwischen in den Hangars neu aufgestellte Dusch- und Toilettencontainer, diese sind jedoch noch nicht angeschlossen – der Grund dafür ist nicht bekannt.

Zum Überleben hat man in Tempelhof inzwischen das Nötigste. Die Angebote, die Ehrenamtliche und BetreiberInnen aus dem Boden gestampft haben, können jedoch nicht flächendeckend für mehrere Tausend Menschen gewährleistet werden. Vieles was geplant war und versprochen wurde, ist nicht umgesetzt: Es gibt keine Vor-Ort-Beschulung und keine besonderen Angebote für Kinder und Jugendliche. Auch die Registrierung vor Ort ist immer noch nicht möglich. Auch wenn inzwischen vieles in der Einrichtung besser funktioniert, ist es immer noch eine Notunterkunft. Eine Notunterkunft in der Menschen mit unterschiedlichstem Status wahrscheinlich viele Monate verbleiben müssen.

Die Einrichtung der Hangars im ehemaligen Flughafen ist aus der Not heraus entstanden sehr schnell eine Vielzahl an Menschen unterzubringen. Ein menschenwürdiges Leben, ein Ankommen in Berlin und Deutschland ist in solch einer anonymen Massenunterkunft aber kaum möglich. Deshalb darf eine Notunterkunft für die Unterbringung keine Dauerlösung werden.

Aber vor allem sehe ich mich noch einmal darin bestätigt, dass eine Ausweitung der Notunkunft zur Massenunterkunft in noch grösserem Stil derzeit keine gute Entscheidung wäre. Solange es noch kein schlüssiges Konzept für den Ausbau von Tempelhof gibt, brauchen wir auch nicht über eine Erweiterung der Notunterkunft zu debattieren.

Eindrücke vom Besuch:

01-2016_Besuch in den bewohnten Hangars2016-01_Besuch in THF

Becherhelden – meine Stimme für Mehrweg to go

 

„Ich bin Becherheldin, weil auch ich ganz persönlich Müll vermeiden will und einen Beitrag zu einem schonenderen Umgang mit unseren Ressourcen leisten möchte. Gerade auch in Berlin quellen die Mülleimer mit billigen Plastikkaffeebechern über und verunstalten U-Bahn-Stationen und Grünflächen. Mir schmeckt Kaffee in der Tasse oder im Mehrwegbecher außerdem eh besser. Also beim nächsten Coffee-to-go-Kauf bitte eigenen Becher benutzen!“ – Antje Kapek

Link zur Aktionsseite der Deutschen Umwelthilfe

Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus – Czaja: Ex-Innenministerium nicht für Flüchtlinge nutzbar

Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus – Czaja: Ex-Innenministerium nicht für Flüchtlinge nutzbar

erschienen am 26.11.2015 im Tagesspiegel

„Antje Kapek, Fraktionsvorsitzende Sprecherin für Stadtentwicklung der Grünen, sagte vor dem Plenum, die Gesetzesänderung sei kein respektvoller Umgang mit direkter Demokratie: „Man will hier den Volksentscheid durch die Hintertür aushebeln. Es geht vor allem um die Dimension der Unterbringung.“ „

Wie will der Senat eine Massenunterkunft auf dem Tempelhofer Feld verantworten?

vom 24.11.2015

Antje Kapek und Ramona Pop, Fraktionsvorsitzende, sagen anlässlich des Senatsbeschlusses zur Änderung des Tempelhof-Gesetzes für die Unterbringung weiterer Flüchtlinge:

Mit seiner Gesetzesänderung erweckt der Senat den Anschein, den Volksentscheid aushebeln zu wollen. Vertrauen und Akzeptanz schafft man so nicht. Der Senat wäre darüber hinaus schlecht beraten, seinen ehemaligen Masterplan für alle Baufelder durch die Hintertür durchsetzen zu wollen. Unterbringungsmöglichkeiten entlang des Tempelhofer Damms und auf dem Vorfeld sind aus unserer Sicht auch ohne eine Änderung des Volksgesetzes möglich.

Eine Unterbringung weiterer Tausender Flüchtlinge in Tempelhof ist jedoch heikel. Der Senat kann schon jetzt die Versorgung der Geflüchteten in den Hangars kaum gewährleisten. Die hygienischen Zustände sind menschenunwürdig und die Gesundheitsversorgung katastrophal. Hier ist dringend Besserung geboten. Durch den heutigen Senatsbeschluss droht sich diese Situation jedoch dramatisch zu verschärfen.

Der Senat muss endlich alle leerstehenden Gebäude überprüfen. Das Hin- und Herschieben der Verantwortung muss ein Ende haben. Tempelhof ist nur deshalb in der Debatte, weil der Senat bislang an anderer Stelle versagt hat. Wir nehmen den Regierenden Bürgermeister nach seiner Regierungserklärung beim Wort und fordern ihn auf, die Verantwortung zu übernehmen und die Überprüfung aller leerstehenden Gebäude in die Wege zu leiten.