Das Gesetz, das es nicht gibt

Berlin ist nicht irgendeine Großstadt in Deutschland. Berlin hat eine große Verantwortung – die Repräsentation des Gesamtstaates. Seit 2006 hat eigentlich der Bund diese Aufgabe inne. Doch das in Artikel 22 GG angegebene Bundesgesetz, welches dieses Aufgabenspektrum im Detail klären soll, gibt es auch acht Jahre später immer noch nicht.

Berlin befindet sich deswegen in einer verzwickten Lage, weil es sich auf keine festen Regelungen berufen kann. Der Bund kann Infrastruktur in Berlin fördern, aber er muss es nicht. Berlin ist oft die Zielscheibe der Nation für seine großen und eben auch teuren Projekte. Es ist unumstritten, dass der aktuelle rot-schwarze Senat unter Klaus Wowereit den Kritikern viel Futter gibt, indem er Kostenexplosionen und Fehlplanungen zu verantworten hat. Das BER Debakel steht dabei zurzeit ganz weit oben in der Versagensliste Wowereits. Der Regierende Bürgermeister erschafft auf diese Weise eine schwere Hypothek im Namen Berlins, die dem Ruf der Stadt schadet und in Politsatire-Shows auf dem Arm genommen wird.

Werden die aktuellen Verfehlungen von Rot-Schwarz ausgeblendet, bleibt dennoch langfristig ein Zuständigkeits-Problem. Berlin plant und baut große Projekte nicht für sich alleine. Das Holocaust Denkmal ist repräsentativ für die Gräueltaten Deutschlands während des Zweiten Weltkrieges und nicht alleine Berlins. Das sich zurzeit im Bau befindende Berliner Stadtschloss ist das wohl bedeutendste Kulturprojekt der BRD. Beispiele dieser Art finden sich zuhauf. Es wird Zeit das Klarheit in diesen Nebel aus Willkür kommt.

Aus diesem Grund sollte das fehlende Bundesgesetz nun ausgearbeitet werden. Es braucht vor allem eine klare Aufgabenbeschreibung für die Verantwortung des Bundes. Es geht um die Frage, welche Projekte lediglich Berlin betreffen und ab welchem Punkt die Strahlkraft und Bedeutung von solchen Projekten essentiell für das in Berlin vertretende Deutschland sind.
Damit zusammenhängend muss die Diskussion um den Länderfinanzausgleich (LFA) betrachtet werden. Berlin erhält, wie alle anderen Bundesländer, durch den Solidarpakt Zahlungen aus den finanzstarken Bundesländer Bayern, Baden Württemberg und Hessen. Der LFA läuft im Jahr 2019 aus. Diese Problematik für die Hauptstadt muss Teil eines Berlin-Gesetzes sein.

Bayern und Hessen klagen schon jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den LFA. Kurz vor Auslauf 2019 ist dieser Schritt nur mit den letztjährigen Wahlkämpfen in Bayern und Hessen zu erklären. Falls die Klage Erfolg hat, ist es umso notwendiger, dass eine schnelle Lösung für die Zeit nach dem LFA gefunden wird. Alle bisherigen Vorschläge für eine Lösung nach 2019 sind jedoch für Berlin von Nachteil und gefährden die Erfüllung der Pflichten Berlins als Hauptstadt.

Ein Vorschlag ist die Umfunktionierung Berlins zu einer Hauptstadt à la Washington D.C.. Das könnte bedeuteten, dass Berlin vom Bund politisch entmündigt wird und seinen Status als Bundesland im Bundesrat verliert. Das kann nicht die Lösung sein. Die Autonomie Berlins als Bundesland darf nicht in Frage gestellt werden. Sinnvoll wäre hingegen ein finanzieller Mechanismus, der die Eigenständigkeit des Landes Berlin und der Hauptstadt Berlin voneinander trennt. Auf diese Weise wäre es möglich bundesweit relevante Projekte in Berlin zu fördern. Gleichzeitig bleibt den Berlinerinnen und Berlinern ihr Recht politischen Einfluss auf ihre Kieze und ihren Lebensalltag zu nehmen. Dieser Alltag hat nämlich in aller Regel wenig bis nichts mit der Funktion Berlins als Hauptstadt zu tun.